Dienstag, 15. März 2011

Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?

Quelle: Eichborn Verlag
"In den Büchern stehen die Namen von Königen", behauptet Brecht in seinem Gedicht "Fragen eines lesenden Arbeiters" - und weiter fragt er ebendort: "Der junge Alexander eroberte Indien. / Er allein? / Cäsar schlug die Gallier. / Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?" Solchen Fragen ging Helge Hesse in seinem Buch "Unbekannte Helden der Weltgeschichte" nach und liefert teils spannende, teils unterhaltsame Antworten. So wird man durch die Weltgeschichte geschleift, ohne die ganz großen Namen zu behandeln. Der Leser macht sich mit diesen unscheinbaren Gestalten gemein, die natürlich nicht immer Helden im Sinne dessen sind, was wir heute als heldenhaft meinen. Manche morderten oder ließen morden - aber ohne sie wäre die Geschichte, wie wir sie heute kennen, etwas oder vielleicht sogar ganz anders verlaufen.

Es sind mannigfache "Heroen" aus mannigfachen Epochen, die Hesse seinen Lesern präsentiert. Wenig bekannte Gesichter zieren das Inhaltsverzeichnis; am berühmtesten sind vielleicht Xenophon oder Cabeza de Vaca - jedenfalls für das deutsche Publikum. Den polnischen Widerstandskämpfer gegen Hitlerismus und Stalinismus mit Namen Pilecki kennt man in Polen. Aber hierzulande? Oder wer kennt schon den pflichtgehorsamen Soldaten der japanischen Armee namens Hiro Onoda, der den Zweiten Weltkrieg bis 1974 focht? Weiß man heute noch, dass Robert Jenkins abgetrenntes Ohr das britische Empire in einen Krieg lotste?

Manche Heldengeschichten, so muß man es leider feststellen, sind relativ belanglos. Welchen geschichtlichen Wert die preußische Jeanne d'Arc, die sich als männlicher Soldat ausgab, für die Menschheitshistorie hatte, konnte der Autor nicht schlüssig machen. Einige Kurzbiographien lassen jedoch staunen. So wie jene von Subhash Chandra Bose, der neben Gandhi und Nehru für die Unabhängigkeit Indiens tätig war, aber den Weg der Gewalt befürwortete. Dafür ging er, fast schon faustisch, einen Pakt mit dem Teufel ein, arrangierte sich mit Hitler-Deutschland und ließ gar ein indisches Batallion aufstellen, das vereidigt auf den Führer, später am Atlantik Dienst tat. Bose wollte Indien in den Sozialismus führen, jedoch die guten Seiten des Faschismus, zu der unter anderem die strikte Disziplin gehöre, mit ins neue Indien retten. Hitler, so berichtet Hesse, habe sich einmal mit Bose getroffen, diesem aber deutlich gemacht, dass Inder einer minderwertigen Rasse angehörten - aber für sein Land ignorierte Bose diesen verächtlichen Tonfall, schließlich waren die Briten der gemeinsame Feind. Dieser fadenscheinige Held der Weltgeschichte geriet in Vergessenheit, auch weil er bereits 1945 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Sprachliche Höhenflüge sind in Hesses "Unbekannte Helden der Weltgeschichte" nicht zu finden. Das ist aber auch nicht die Absicht des Buches. Und inwieweit es für den Leser nützlich sein wird, etwas über Beckwourth, Gannibal oder Lengfeld zu wissen, bleibt dahingestellt. Spannend sind jedenfalls fast alle Geschichten. Das Lesen würde sich lohnen.

"Unbekannte Helden der Weltgeschichte" von Helge Hesse erschien im Eichborn Verlag.


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