Donnerstag, 29. März 2012

Ein Präsident und seine Zeit

Quelle: Verlag Ferdinand Schöningh
Die Gratwanderung die ein Biograph historischer Persönlichkeit zuweilen auf sich nimmt, kann bitterlich enden. Stets ist der Verbund zwischen Darstellung der Person und dem historischen Kontext, dem ausgeatmeten Zeitgeist jener Tage zu verquicken. Ganz davon abgesehen, sich in den zu beschreibenden Charakter nicht so sehr zu verlieben, dass am Ende eine Hagiographie entsteht. Ronald D. Gerste nahm den schmalen Grat gekonnt. Er lieferte eine Biographie und ein Zeitgemälde. Nicht nur Franklin D. Roosevelt erwacht nochmals - auch das Amerika, in dem er (politisch) groß wurde, in dem er Präsident war, das er nach langem Anlauf in den Krieg führte, entsteht beim Lesen bildlich. Dabei sollte man sich vom Titel "Roosevelt und Hitler" nicht täuschen lassen - beide werden im Buch nicht nebeneinander gestellt, beide Biographien finden nicht Berücksichtigung. Hitlers Eckdaten werden gemieden, was dem deutschen Leser, seit Jahrzehnten eingedeckt mit Hitler-Biographien, nur zupass kommen kann.

Donnerstag, 15. März 2012

Frei von Gauckiaden

Quelle: Verlag Antje Kunstmann
Eines Tages flattert ein Schreiben in sein Haus, das eine Wohnung, kein Haus ist. Er, der in der DDR ein unbekannter Untergrunddichter war, solle doch bitteschön an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. W. wusste bis dahin gar nicht, dass er Dichter war - er wusste nicht, dass er dem Untergrund angehörte in der DDR. So fordert er Akteneinsicht und tatsächlich, schwarz auf weiß, da sind Gedichte aufgeführt. Es liegt also keine Verwechslung vor, W. war wirklich gemeint, war der berechtigte Empfänger der Einladung. Er versucht sich zu erinnern; er denkt zurück in ein Leben, das er vor langer Zeit gelebt hatte und sieht sich dichten. Es sind humorvolle Gedichte, nicht ganz ernst gemeinte Versuche, die er an seine Freundin schickt, die in München, im Westen also, lebt. Das war auch der Grund, weshalb die StaSi ihrer habhaft wurde; und sein frecher Satz, den er seinem Mädchen damals zuwarf, jener nämlich, er "schlage vor, dass wir uns küssen", gab dem Buch den Titel.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Wo die Gleichstellung noch hin muß

Quelle: Bastei-Lübbe Verlag
Ein Blick in deutsche Jugendämter. Da wütet ein Familienrecht, in dem die Gleichheit zwischen Mann und Frau garantiert nicht garantiert ist. "Entsorgte Väter" nennt Katrin Hummel daher ihr Buch - wenn die Liebe aufhört, dann bleiben meist Männer ohne ihre Kinder zurück. Waren sie unverheiratet, so hatten sie so gut wie überhaupt keine Möglichkeit, weiterhin für ihren Nachwuchs da zu sein. Selbst nachdem eine Neuregelung der elterlichen Sorge im Jahr 2010 vom Bundesverfassungsgericht erwünscht wurde, hat sich nur wenig zugunsten von Vätern getan - sie sind der Laune der Mütter ausgesetzt, die bei Totalverweigerung nicht den Druck der Behörde oder des Familiengerichtes spüren, denen dafür aber nachgegeben wird, wenn sie nur stur genug bleiben, was den Umgang ihrer Kinder mit den Vätern betrifft. Endstation für solche Väter ist dann nicht selten Arbeitslosigkeit, bedingt durch psychische Erkrankung - der gender mainstream macht daraus gerne die Legende der Drückebergerei, schimpft wütend über Väter, die gegangen sind (diese Ideologie lehrt, dass Männer nicht verlassen werden, sondern immer selbst gehen, selbst dann, wenn es die Frau war, die ging) und die hernach ihre Arbeit niederlegen, weil sie den Unterhalt umgehen wollen.

Mittwoch, 15. Februar 2012

... und [der] erste Prinz, der ein Weiser ist, und welcher nach Art der alten Weisen reiset."

Quelle: Renneritz Verlag
Eine Rezension von Klaus W. Haupt.

Diese Charakterisierung des jungen Fürsten von Anhalt-Dessau durch seinen Cicerone Johann Joachim Winckelmann macht deutlich, wodurch sich dessen Kavalierstour von anderen unterschied: All die in Rom und Neapel besuchten Gebäude, Kunstwerke und Sammlungen hielt der Architekt Erdmannsdorff in seinem Kunsthistorischen Journal fest. Über die Hälfte des Tagebuches entstand unter dem Einfluss Winckelmanns in Rom. Die ausführlichsten Beschreibungen behandeln Werke der Bildhauerei und Malerei, die später in Dessau-Wörlitz zur Gestaltung von Architektur und Landschaft dienten.

Mittwoch, 1. Februar 2012

Plädoyer auf zerrissene Lebensläufe

Quelle: Ama
Sein Leben vom Standpunkt des Scheiterns aus zu erklären: das wagt nicht jeder. In einer Periode, da selbst Minderjährige, die von Konzernen zu Pop-Ikonen ausersehen werden, mit einer nur so von Erfolgen strotzenden Biographie aufwarten, wirkt der Biograph des eigenen Scheiterns, wie ein bemitleidenswerter Verlierer. Lebensgeschichten haben ein Getümmel von großartigen Erfolgen, von unglaublichen Durchbrüchen, von einzigartigen Triumphen und feiernswerten Volltreffern zu sein. Wer wagt sein Leben als Ballung von Fehlschlägen, Irrtümern und Verunglückungen nachzumalen? Dazu bedarf es Mut - oder Naivität, was vielleicht auf dasselbe hinausläuft. Jedenfalls, es war Konstantin Wecker, der seine Lebensgeschichte als "Kunst des Scheiterns" schrieb.