Quelle: Renneritz Verlag |
Es wäre indes nicht ganz fair, den Autor Matthias Grabow, immerhin nicht gänzlich neu in seinem Fach, ist er doch Urgestein der Stuttgarter Poetry Slam-Szene, als einen post-houellebecqschen Schreiber zu kategorisieren. Er läßt seinen Protagonisten eine corrida, einen Stierkampf, besuchen. Hieran erkennt man übrigens, dass Grabow sich in dieser Materie blendend auskennt - einen Manolete oder Cordobés der Feder, einen schreibenden califa del toreo möchte man ihn fast nennen. Kann man über den Stierkampf schreiben, ohne Hemmingway zu kopieren? Grabow beweist: das geht! Kann man über den Stierkampf schreiben, ohne in den Verdacht zu geraten, ihn zu verteidigen oder gar zu verherrlichen? Das ist schwierig, Grabow meistert diesen engen Grat aber sehr wohl. Es ist erfrischend, dass die politische Korrektheit hier nicht Herr des Gedankens geworden ist.
Es ist die Geschichte einer möglichen oder vielleicht doch unmöglichen Liebe. Oder ist es überhaupt Liebe? Grabows Anti-Held zweifelt auch hieran. Der ist Wissenschaftler und macht selbst aus seinem Herzen ein Objekt, das er auf einen Objektträger bannt, um es mikroskopisch zu werten. Die Liebe wird seziert, chemisch verbrämt, um am Ende die Frage aller Fragen zu stellen: welchen Sinn hat sie? Und da gerät der Wissenschaftler in Zweifel. Sinn? Sollten hier nicht Theologen Antwort geben? Das Berufsethos des wissenschaftlichen Anti-Helden, es hat sich selbst in Herzensangelegenheiten gemischt. Grabow zeichnet einen Charakter, der keine Liebesfreuden mehr kennt - er zeichnet damit breite Gesellschaftsschichten nach. Und all das macht er eloquent, souverän und mit erzählerischer Weitsicht.
"Hanna" von Matthias Grabow erschien im Renneritz Verlag.
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